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Das Dilemma zwischen Wissensträger*innen und Wissensbedürftigen erkennen und wegräumen.

Im März 2022 habe ich im Rahmen meines Podcasts „Herz im Business“ Jan Haft interviewt. Jan ist ein überzeugter Naturfilmer und Autor. Er setzt sich unter anderem engagiert für die breit gestreute Bewusstwerdung ein, die dringend notwendig ist, um zu erkennen, welche Folgen uns Insektensterben und Monokulturen in Zukunft einbringen. Der Podcast zeigt sein umfangreiches Wissen. Schön ist es, wenn dieses Wissen auch dort Gehör findet, wo großflächige Entscheidungen getroffen werden. Denn genau diese Entscheidungen braucht es jetzt, um den Kurs zu wechseln, der aufgrund des Klimawandels ansteht. Jan Haft findet die richtigen Worte und erreicht viele Menschen damit.

Im Podcast kamen Fragen auf, wie: Was tun, wenn Insekten verschwinden? Welche Bedeutung hat es, wenn es immer weniger Fliegen gibt? Wo ist der goldene Mittelweg, der jetzt gegangen werden müsste, um einer Negativentwicklung mit weitreichenden globalen Konsequenzen Einhalt zu gebieten?

Was mir nach dem Podcast sehr präsent blieb, ist die Auswirkung von speziellem Wissen auf die Wissensträger*innen selbst, sollten diese ein gesellschaftlich brisantes Thema vertreten. Brisante Themen, die alle betreffen und eine Verantwortungsübernahme abfordern, stoßen nicht immer auf begeistertes Gehör. Demgegenüber ist die Expertise der Wissensträger*innen so wichtig, da ohne diese Expertise kein notwendiger Wandel stattfindet. Wie ergeht es Expert*innen und mit welchen Hürden müssen sie sich auseinandersetzen? Dieser Artikel richtet sich an alle Wissensträger*innen mit relevanten Themen. In diesem Zusammenhang stellen sich mir die Fragen: Was stellt sich eigentlich zwischen das wahrhafte Wissen und die flächendeckende Umsetzung, die aus dem Wissen resultiert? Wie gehen Träger*innen des Wissens mit dem Weggucken vieler Menschen um, das eintritt, sobald der Druck steigt? Je mehr du als Wissensträger*in weißt, was die Missstände sind, desto mehr setzen sie auch dich selbst unter Schaffensdruck. Demzufolge möchtest du auch immer mehr unternehmen, um auf die Missstände aufmerksam zu machen. Danach versuchst du andere Menschen zu erreichen oder gar zu überzeugen. Oft merkst du aber, dass dein Wissen nicht bei allen ankommt. Es wird von nicht wenigen Zuhörer*innen weggedrängt. Träger*innen des speziellen Wissens schauen immer tiefer in den Topf des Wissens hinein. Sie versinken in ihrem Fachgebiet und werden zu immer größeren Expert*innen. So entsteht eine Dynamik zwischen zwei Seiten, den Wissensvermittler*innen und den Zuhörer*innen. Diese Dynamik trennt auf Dauer, statt zusammenzuführen. Wie ich finde ein folgenschwerer Negativkreislauf, der aufgelöst werden sollte. Es ist im Interesse beider Seiten, diese Diskrepanz zusammenzuführen. 

 

Wie du deinen Schlüssel des Wissens ins Schlüsselloch der Wissensbedürftigen bringst.

Der oben beschriebene Negativkreislauf trennt euch liebe Wissensträger*innen von denjenigen, die euer Wissen insbesondere brauchen. Ich erkenne solche Dynamiken überall dort, wo Fachwissen ist. Auch ich bin eine Trägerin eines Spezialwissens und stelle bei mir selbst die Folgen fest, die sich einstellen, wenn jemand, der oder die mein Wissen insbesondere bräuchte, um beispielsweise wieder auf einen positiven Lebens- und Unternehmensstandpunkt zu gelangen, eben dieses Wissen (unbewusst) ablehnt. Es kostet Kraft. Ein Dagegenwirken wirkt auf Wissensvermittler*innen oft wie ein Kampf gegen Windmühlen. Manche führt dieser Kreislauf in eine Resignation hinein. Wiederum andere isolieren sich zunehmend. Euren Erfolg, liebe Wissensträger*innen, den erreicht ihr im Zentrum der Gesellschaft. Und genau dorthin sollte euer Wissen gelangen. Diesen Erfolg braucht ihr, weil ihr wichtiges Wissen bereithaltet, was notwendige Veränderungen veranlasst. Bevor ihr zum ersten Schritt in Richtung erfolgreiche Wissensvermittlung geht, akzeptiert, dass euer Wissen anderen Angst machen kann. Der erste Schritt zum Ziel für euch lautet, bleibt verständlich und auch für Laien nachvollziehbar. Dabei hilft euch am wenigsten, die Masse eures Wissens auf einmal zu präsentieren. Sucht euch immer eine Botschaft aus, die ihr heute anbringt. Die besten Botschaften sind Fakten, die dem Gegenüber verdeutlichen, was Sache ist. Nicht mehr und nicht weniger.

Was passiert in Negativkreisläufen und wie unterbrichst du diese?

Die sich trennend auswirkende Negativdynamik verstärkt sich immer weiter, je bedrohlicher dein Wissen auf die Nichtwissenden wirkt. Als bedrohlich wird all das empfunden, was den eigenen Komfort der Nichtwissenden einschränkt und womöglich das eigene Leben der Nichtwissenden ernsthaft bedrohen könnte. Hier hat der Selbsterhaltungstrieb eine Antwort auf Gefahr bereitgelegt, die statt zur Handlung ins Abschalten und damit in das nicht mehr Sehen der Gefahr führt. Wird die Gefahr als zu groß erachtet, schauen viele Menschen weg – statt hin. Als Träger*in des Wissens hältst du den Schlüssel zur Verbesserung in der Hand, aber er wird nicht angenommen, wenn du nicht einen Gang runter statt rauf schaltest. Das gilt insbesondere dann, wenn dein Wissen brisant ist. Durch das Zumachen deines Gegenübers entsteht bei dir eventuell der Eindruck, du müsstest dein Wissen immer mehr zeigen, es erklären, die Konsequenzen verdeutlichen, die eintreten, sollte der Schlüssel zu deinem Wissen nicht entgegengenommen werden. Aber auch hier gerätst du immer mehr auf eine Randposition. Erkennst du nicht, dass es sich hier lediglich um einen Konflikt zwischen „bewusst“ und „unbewusst“ handelt, drohst du tatsächlich an den Rand der Gesellschaft abzurücken. Aber genau dorthin gehörst du nicht. Du und dein Spezialwissen gehören in die Mitte der Gesellschaft.

Wie du die Kluft zu den Zuhörer*innen verringerst.

Mit diesem Artikel möchte ich dazu beitragen, dass Expert*innen ihr Wissen leichter dort integrieren, wo es gebraucht wird. Zunächst einmal einen Appell an euch, liebe Wissensträger*innen. Ihr habt hier die Hauptaufgabe, die zur Verbesserung der Situation führt. Denn überall dort, wo es bedrohlich wird, gehen Abwehrmechanismen im Gegenüber los. Sie machen dein Gegenüber zu. Das ist ein natürliches Phänomen. Hier hilft kein Überzeugen und erst recht keine Kampfansage, solltest du ein breites Gehör finden wollen. Kämpferisches Verhalten bringt partiell etwas, aber die Masse der unbewussten Wissenswegschieber*innen wirst du damit nicht erreichen. Aber genau um die Erreichung dieser breiten Masse geht es in diesem Artikel. Soziologisch gesehen, kann genau die breite Masse etwas bewegen, denn sie stellt ein gutes Gegengewicht zu starren und trägen Machtdynamiken dar. Diese starren Dynamiken haben zur Folge, dass sich immer mal wieder gegen Fortschritt und Notwendigkeit entschieden wird. Je mehr Personen einen Beitrag zum notwendigen Wendepunkt innerhalb globaler Konflikte liefern, desto mehr bekommen wir ein großes Problem in den Griff. Wissensträger*innen ernüchtern, sollten sie immer wieder gegen Mauern in Politik und Gesellschaft laufen. Deshalb Finger weg von Machtkämpfen mit den „falschen Leuten“ und Kurs aufgenommen in Richtung: Gemeinsam schaffen wir es, selbst große und beängstigende Aufgaben zu bewältigen. Damit du nicht resignierst, gibt es noch ein paar Spielregeln zum Schluss. 

Spielregeln, die du beachten solltest, damit dein Wissen nicht abgelehnt, sondern genutzt wird.

Damit du erfolgreich Wissen vermittelst, das gesellschaftlich relevant ist, bediene dich einer stets einfachen Sprache. Nimm alle Kampfansagen raus. Zeige stetig den kausalen Zusammenhang. Kausal heißt hier, welches Verhalten führt zu welcher Auswirkung? Was ist die zurückliegende Ursache einer jetzt sichtbaren Wirkung? Gib rationierte Tipps ab, was jeder tun kann, um die Situation zu verbessern. Auch wenn prozentual gesehen ein kleiner Schritt nicht genügt, um das „Übel“ abzuwenden, braucht es einen ersten Schritt von möglichst vielen Menschen. Dieses Prinzip befreit dich von der Falle: „Eigentlich müsste jetzt eine machthabende Person ein Verständnis zeigen, damit sich merklich etwas verändert“. Warte nicht auf diese Umkehrung, sondern wende dich an möglichst viele andere Menschen, die ebenso Leidtragende sind, sollte es keine Kehrtwende geben. Führe dein Gegenüber über den ersten Erkenntnisschritt hinaus, bis dieser hinschaut, statt zuzumachen. 

Überprüfe auch deine Ausdrucksweise. Ich habe weitgehend alle Fremdwörter aus meiner Kommunikation herausgenommen, um verständlich zu bleiben. Auch rationiere ich mein Wissen ganz bewusst. Ich erschlage niemanden mit meinem Wissen, sondern gebe es stetig portionsweise weiter, auch wenn die Situation dringlich ist. Je bedrohlicher ein Szenario ist, desto ruhiger werde ich. Denke hier an Krisenmanager*innen. Diese führen mit Distanz und klaren Ansagen durch äußerst schwierige Situationen. Folglich erhalte dir immer wieder die Distanz zu dem, was du an Missstand erkennst. Ansonsten verbrennt es deine Position auf Dauer, was nicht im Sinne deines Anliegens ist. Sieh neben dem Negativen auch weiterhin das Positive. Denn aus meiner Sicht fehlt es dir ansonsten an Kraft weiterzumachen, Wissen zu sammeln, um dieses möglichst vielen Menschen teilwerden zu lassen.

 

Ich wünsche allen Leser*innen viel Spaß und Lebensfreude und verabschiede mich.

Bis bald

eure Anke Sommer

 

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