Ein verstecktes Dilemma für den Konfliktbetroffenen
Ist eine Konfliktbewältigung nur deshalb gut, weil der Begriff Mediation davor steht? Diese Frage stellt sich, wenn man sich den Run rund um die Methode anschaut.
Die Mediation ist in aller Munde. Hört man mittlerweile diesen Begriff, so können die meisten doch etwas mit ihm anfangen. Sie packen ihn in die Schublade Konfliktbewältigung. Das war nicht immer so. Viele Menschen haben daran gearbeitet die Mediation zu dem zu machen, was sie heute darstellt. Dabei ist die Methode derzeit nicht gesetzlich geschützt und damit könnte theoretisch jeder den Titel eines Mediators vor seinen Namen hängen. Das ist aber noch nicht das wesentliche Problem hinter dem Dilemma für den Konfliktbetroffenen, denn die gesetzliche Lücke bezieht sich auf sämtliche Beratungs-und Coaching Professionen. Auch wenn man es schafft, die Mediation gesetzlich zu schützen, ist das versteckte Dilemma noch nicht behoben.
Die Zerstörungskraft von nicht aufgeklärten Konflikten ist groß.
Der gesetzliche Schutz führt zwar dazu, dass sichergestellt wird, dass nur ausgebildete Mediatoren zugelassen werden, aber das führt noch lange nicht zur Lösung des zu bewältigenden Konflikts. Das muss ja ein Mediator packen, wenn er sich denn hinter diese populäre Methode stellt und damit auch den Ruhm für seine Auftragsgenerierung nutzt. Ebenfalls wird die Methode der Mediation in Fachkreisen schon immer heftig diskutiert, weil erfahrene Mediatoren die Stärken wie auch die Schwachstellen des Verfahrens kennen. Diese Diskussion spielt bei der Popularität der Mediation nur leider keine Rolle. Der Zuschauer erhält den Eindruck, die Methode sei über so gut wie alles erhaben.
Was ist eine Mediation?
Übersetzt heißt das lateinische Wort Mediation soviel wie Vermittlung. Hinter der Mediation verbirgt sich ein Verfahren, was auf Freiwilligkeit aufbaut, strukturiert ist und zur konstruktiven Beilegung eines Konfliktes entwickelt wurde. Was ist das Dilemma hinter der großen Bekanntheit der Methode? Nun wird sehr gerne die Mediation als die Methode zur Konfliktbewältigung schlechthin verkauft.
Es geht schon soweit, dass eine Konfliktbereinigung in vielen Köpfen gleich Mediation bedeutet. Weil über keine andere Methode soviel in Zusammenhang mit Konflikten und deren Bereinigung gesprochen wird, wie über die Mediation. Das birgt eine Gefahr in sich, die letztendlich nicht nur der Methode schaden könnte. Einmal denkt ein Konfliktbetroffener quasi automatisch daran, Mediation könnte ihm helfen, wenn er in einem Konflikt steckt und nach langem Zögern auf den Gedanken stößt, sich nun endlich helfen zu lassen. Zum anderen wird erst einmal der mögliche Erfolg einer Intervention dem Mediationsverfahren zugesprochen. Insider kennen aber die Stärken und auch die Schwächen eines Mediationsverfahrens. Achtung, die Mediation ist kein Allerheilmittel.
Ein Allerheilmittel gibt es nirgends auf dem Markt.
Hier geht der Konfliktbetroffene den ersten Irrtum ein, wenn er die Methode und nicht den Konfliktbegleiter als Mittel zur Konfliktbehebung aussucht. Denn nicht die Methode führt zwangsläufig zum Erfolg einer Konfliktbegleitung, sondern wenn schon überhaupt irgendetwas aus dem Konflikttumult herausführt, dann das Geschick, die Erfahrung und das Gespür des Beraters oder der Beraterin.
Stellen Sie sich doch einmal vor, Sie haben einen Konflikt und Sie suchen sich nach langem Ringen, Wegschieben und Weggucken nun endlich durch die lange Liste der Mediatoren hindurch, in der Hoffnung, Ihnen wird geholfen. Oder Sie bekommen gleich einen Mediator an die Seite gestellt. Die Konfliktentwicklung hat bereits dazu geführt, dass Ihnen nicht mehr viel Luft zum Atmen bleibt und der Konflikt schon soweit gediehen ist, dass Existenzen in Gefahr sind. Geraten Sie nun bei Ihrer „Blindsuche oder -Vermittlung” an eine erfahrene Person, die ihrer Erfahrung mit der Konfliktbewältigung folgt und nicht ausschließlich der Methode, dann wird dies sich im Ergebnis der Mediation zeigen. Es war gut, dass Sie eine Mediation aufgesucht haben, denn der Konflikt konnte höchstwahrscheinlich geregelt werden und der Druck ist behoben.
Damit hat eine Schadensbegrenzung stattgefunden. Nun malen Sie sich bitte aus, Sie geraten an einen Mediator, der die Struktur der Methode als ultimativ ansieht und nun stetig bemüht ist, auf keine Seite der jeweiligen Konfliktparteien zu gehen. Sie werden schnell einen überforderten Mediator erleben, der keinen Fuß in den Vermittlungsprozess hinein bekommt. Mit dieser Erfahrung werden Sie ein anderes Bild von der Methode erhalten, als der obige Konfliktbetroffene. Sie werden enttäuscht sein und höchstwahrscheinlich zutiefst bereuen, sich darauf überhaupt eingelassen zu haben. Denn nun stehen Sie mit dem Rücken an der Wand und der Konflikt ist mittlerweile nur noch Zerstörung pur und keiner stoppt ihn.
Die Zerstörung wird blind.
Hier zeigt sich das Dilemma. Sucht man einen Begleiter im Konfliktlösungsprozess, so sollte man ihn nicht nach einer Methode aussuchen. Denn, nicht die Methode, sondern das Können und die Begabung des Begleiters/der Begleiterin entscheiden über den Ausgang der Konfliktbereinigung.
Die Konfliktbereinigung ist die Königsklasse der Beratung
Sie verlangt vom Berater/von der Beraterin alles ab, was diese(r) kann. Der Lösungsprozess konfrontiert den Konfliktbegleiter mit stärksten Emotionen, wie Hass, Wut und Resignation. Er zeigt verhärtete Fronten und nicht selten eine mittlerweile intrigante Atmosphäre.
Wir Berater wissen, einen schwerwiegenden Konflikt löst man letztendlich durch die Kreativität und Achtsamkeit im Lösungsprozess sowie durch das Aufgreifen der Erfahrungen, die man in den unzähligen Begleitungen von Konfliktprozessen in Unternehmen aller Arten sammeln konnte. Schlussendlich löst man einen solchen Konflikt auch durch das Folgen der eigenen Intuition während der Konfliktbewältigungsphase. Kein Lösungsprozess gleicht dem anderen. Alle Prozesse sind höchst individuell.
Zumindest würde ich jedem Konfliktbegleiter raten auch auf seine Intuition zu achten, denn wir Menschen nehmen nicht alleine durch unseren Verstand die Dinge auf, die um uns herum geschehen. Unser körperliches Empfinden empfängt weitere Informationen, die uns verstandesgemäß nicht sofort bewusst sind. Dazu sind wir viel zu sehr vom Konfliktgeschehen abgelenkt. Die Intuition hat diese Informationen aber schon längst mit aufgegriffen und verarbeitet. Also brauchen wir während der Begleitung zur Konfliktbewältigung alle unsere Sinne, um den Kern des Konfliktes zu entschädigen. Greifen wir diesen Kern nicht mit auf, so kann der Konflikt nicht wirklich gehen. Dann läuft es quasi auf eine Trennung hinaus.
Den meisten Konfliktbetroffenen ist nach etlichen durchlaufenen Konfliktphasen eh nur noch nach Trennung. Wo das geht, kann getrennt und der Schaden geteilt werden, nur manchmal ist eine Trennung mit großen Verlusten gepaart. Und nur zu oft habe ich erlebt, dass es bei einer Konfliktbewältigung am wenigsten um den vermeintlichen Konflikt geht. Das, worum es wirklich geht, verliert sich während eines oft jahrelang gärenden Konflikts schnell aus den Augen. Findet man diesen Punkt nicht, kann auch nicht wirklich gelöst werden. Dann wird nur noch vermittelt und verhandelt, wer das eine und wer das andere erhält. Dann wird eine möglichst friedliche Trennung herbeigeführt.
Was muss ein guter Konfliktbegleiter auf dem Weg zur Konfliktbereinigung können?
Ein guter Konfliktbegleiter muss Emotionen, die während des Konfliktbewältigungsprozesses fühlbar sind, Stand halten können. Oft brechen solche Emotionen wie Wut, Hass und Aggressionen aller Art, die durch Verletzungen entstanden sind, nicht einmal aus. Doch beeinflusst die Anwesenheit solcher Gefühle den gesamten ProzessDas Wort Prozess stammt aus der Persönlichkeitsentwicklung und zeigt den aktuellen Stand der individuellen Entwicklung an.... Weiterlesen. Wird hier nicht aufgepasst, eskaliert die Situation. Solch einen Prozess kann nur derjenige begleiten, der selbst Erfahrungen mit diesen Emotionen gesammelt hat, ihnen nicht ausweicht und daher diese auch nicht unterdrücken muss.
Ein(e) erfahren(e) Begleiter(in) solcher Prozesse schaut gleich nach dem Kern des Konflikts und entkräftet diesen. Dann müssen Emotionen auch nicht eskalieren. Und der Lösungs- und Aufräumprozess kann sofort starten. Zu aller Verwunderung ist dieser in den meisten Fällen äußerst harmonisch. Ist der Aufräumprozess einmal im Gange, dann wird der zermürbende Konflikt zur Vergangenheit.
Ansonsten besteht immer die Gefahr darin, dass der Konfliktberater/Vermittler während eines Lösungsprozesses selbst „verbrennt”. Dabei hilft ihm/ihr auch nicht die beste Methode dieser Welt. „Verbrennt” ein Konfliktberater/Vermittler in einem solchen Konfliktbewältigungsprozess, so erkennen Sie das an der zunehmenden Unfähigkeit des Beraters/Vermittlers, die Rolle des Beraters/Vermittlers halten zu können. Er oder sie wird immer mehr unterbrochen, nicht mehr für voll genommen und von den Konfliktparteien isoliert.
Damit ist ein weiterer Schaden entstanden. Der Konflikt wird nicht mehr gelöst, sondern geht in die weitere Eskalationsstufe. Der Konflikt zerstört nun, was ihm im Weg steht, seien es Personen, Existenzen, Finanzen etc. Anwälte stehen an der Seite der jeweiligen Partei und das Ringen um Anteile nimmt seinen Lauf.
Nach welchen Auswahlkriterien finden Sie einen erfahrenen Konfliktbegleiter?
Die Auswahlkriterien sollten einmal die Erfahrungen der Person sein, die diese im Bereich der Konfliktbewältigung gesammelt hat. Zum zweiten achten Sie bitte auf Empfehlungen aus vertraulichem Mund. Der Empfehlende sollte dann aber zu Ihrem Persönlichkeitsprofil passen und vielleicht schon eine ähnliche Konflikterfahrung wie Sie gesammelt haben. Zum dritten achten Sie bitte auf den Eindruck, den Sie im Vorgespräch mit der ausgewählten Person sammeln. Es genügt nur ein kurzes Telefonat und Sie können sich schon ein Bild vom Gegenüber machen. Gehen Sie hier nach Ihrem Bauchgefühl. Warten Sie bitte auch nicht unumgänglich auf das Einverständnis des Konfliktpartners, mit der Konfliktlösung beginnen zu können. Es wäre zwar schön, wenn Sie es hätten, aber nur zu oft ist es sehr schwer den zerstrittenen Part zur Klärung zu bewegen.
Beginnen Sie, auch ohne dieses Einverständnis, also als einzelne Partei, den Klärungsprozess zu forcieren, indem Sie einen erfahrenen Konfliktbegleiter suchen. Denn ein(e) erfahrene(r) Berater(in) holt die zweite Konfliktpartei mit ins Klärungsboot hinein und kennt Möglichkeiten, die die Klärung mit dem Konfliktpartner weiter forcieren. Wichtig ist, beginnen Sie den Klärungsprozess so schnell es geht! Dann mindern Sie die Zerstörungskraft des Konfliktes.
Seien Sie bitte bei der Wahl des Konfliktbegleiters anspruchsvoll, denn für Sie steht viel auf dem Spiel! Wagen Sie keine Experimente. Vertrauen Sie auf Ihr Gefühl. Ich hoffe, Ich konnte Ihnen wertvolle Tipps geben und wünsche Ihnen eine sofort startende Konfliktbewältigung.