© Bild: Bernd Brundert
Bei einer Ab- und Übergabe geht es für beide Seiten um viel.

Das Dilemma um die Über- und Abgabe. Oder: Die Junior-Senior-Falle

Die Unternehmer unter uns kennen die Schwierigkeiten, ein Unternehmen eigenständig aufzubauen und die Kräfte und Anstrengungen, die in einem solchen stecken. Als Unternehmer in ein laufendes Geschäft einzusteigen und mit den Partnern klar zukommen ist auch kein Kinderspiel. Auf diesem Weg das Geschäft und die geschäftlichen Ziele im Auge zu behalten ist für alle Seiten schwer. An Stelle dessen wird sich langsam und stetig in Querelen verfangen, die nicht nur gesundheitlich schaden, sondern den Fokus vom Ziel des erfolgreich Seins Stück für Stück ablenken.

Bei einer Ab- und Übergabe geht es für beide Seiten um viel. Wie schaffen Sie es auf beiden Seiten Ihr Ziel im Blick zu behalten? Wie schaffen Sie es, nicht durch zwischenmenschliche Querelen abgelenkt zu werden? Die Antwort erscheint Ihnen einfach? Dann schauen Sie sich doch einmal um. Wie viele Zusammenarbeiten um Sie herum sind gescheitert? Wie viele Ziele wurden „freundschaftlich“ aufgenommen und wie viele geschäftliche Vorhaben gingen im Streit unter? Ob als Partner und/oder als zukünftiger Nachfolger, planen Sie schon im Voraus den Erfolg, indem Sie die Fallen in der Übergangszeit kennen und ausschalten. Sitzen Sie auf der anderen Seite und wollen das Geschäft verkaufen, wie finden Sie den Richtigen? Oder brauchen Sie einen tatkräftigen Mitbestreiter, haben aber Ihre Befürchtungen, dieser raubt mehr Kraft, als den Gewinn zu verstärken? Verkraften Sie eine andere Größe an Ihrer Seite, wenn Sie es nicht mehr alleine schaffen?

Loslassen, wenn es notwendig ist

Stellen Sie sich nun vor wie es ist, ein Unternehmen mit allen Höhen und Tiefen aufgebaut zu haben und dann kommen Sie schleichend in das Alter, wo sie einfach sagen, jetzt mal auf halber Flamme köcheln und trotzdem vom Gewinn profitieren oder der Ruhestand ruft in einem immer näher rückenden Zeitraum.
Also halten Sie Ausschau nach einem geeigneten Partner sprich potentiellen Nachfolger, Ihrem zukünftigen (Junior-)Partner, der Ihr Geschäft stärkt oder später übernimmt und vielleicht kaufen wird.

Oder stellen Sie sich jetzt einmal vor, Sie sind voller Tatendrang und auf der Suche nach Ihrer neuen Verwirklichungsstelle. Nichts scheint für Sie besser zu sein, als in ein schon etabliertes Unternehmen schrittweise einzutreten. Folgedessen kratzen Sie Ihr Vermögen zusammen und eine schrittweise Veräußerung nimmt ihren Lauf oder Sie sitzen neben Ihrem neuen Partner, der das Unternehmen aufgebaut hat und damit verwachsen ist. Wie fassen Sie Fuß ohne in Wespennester zu stechen, die da heißen, „feindliche Übernahme“, „Ignoranz des bisher Geleisteten?“ und nicht zuletzt die Falle „Greenhorn“?
In etwa so beginnen viele schwierige Berufsausübungsgemeinschaften, die es allen Beteiligten, inklusive der vorhandenen Mitarbeiter nicht einfach macht und bestehende Unternehmen geschäftlich gefährdet.

Anhand eines exemplarischen Fallbeispiels möchte ich Sie anregen, die Fallen, die innerhalb der Übergangszeit entstehen kennenzulernen. Im Beispiel geht es um eine geplante Geschäftsübergabe.

Wer hat Recht?

Herrn Maier verbinden über 30 Jahre Erfahrung mit seiner Kanzlei. Im Laufe der Jahre hat er sich einen soliden Mandantenstamm gezüchtet und kennt die Wehwechen seiner Mandanten oft besser, als Freunde und Partner der Mandanten selbst.

Seit mehr als zwei Jahren suchte er einen geeigneten Partner, dem er die Kanzlei schrittweise übergeben und verkaufen kann. Mit Herrn Riem, knapp über 35 Jahre alt, hat er ihn gefunden. Herr Riem zeigt sich als erfahren und äußerst pflichtbewusst.

Mit einem Vertrag wird eine schrittweise Veräußerung festgelegt, indem Herr Riem erst Junior-, dann Mehrheitspartner und zum Schluss alleiniger Chef der Kanzlei wird. Die erste Hälfte des Firmenwerts kauft Herr Riem bei Eintritt in die Kanzlei. Die zweite Hälfte will er, bei Feststellung des derzeitigen Wertes, beim Verlassen des Seniors kaufen. Eine 50/50 Gewinnverteilung sowie ein gegenseitiges Rücktrittsrecht von 2 ½ Jahren vollenden den Vertrag.
Der Vertrag lässt beide Partner zuversichtlich in die Zukunft schauen, doch beide haben nicht mit den nun folgenden zermürbenden Konflikten gerechnet.

Junior Riem missfällt es, dass Senior Maier schleichend auf eine drei Tage Woche zurückgeht und sich immer weniger in der Kanzlei blicken lässt und trotzdem die Hälfte des Gewinns einstreicht. Sein Tisch liegt voller Arbeit, vieles davon Vorbereitungen für Handlungen, die der Senior später abschließt und damit vor die Mandanten tritt. Über die Abschlüsse erhält er keine Rückmeldung. Auch fühlt er sich vom Senior bevormundet und alles andere als von diesem, in seiner Meinung und in seinem unternehmerischen Blick, wertgeschätzt.

Unkonkrete Übergaben zu Lasten Aller

Sein größter Ärger gilt dem Nicht- Kommunizieren nach draußen. Keiner der Mandanten erfährt, dass Herr Riem Juniorpartner und späterer Nachfolger der Kanzlei ist. Den Mandanten wird Herr Riem als neuer Mitarbeiter vorgestellt.
Die 2 ½ Jahre gegenseitige Rücktrittsklausel machen es ihm schwer seinen Unmut klar und deutlich zu äußern. Er befürchtet den Nachfolgerposten zu verlieren. Sein Wutpegel steigt kontinuierlich, doch weiß er nicht wohin damit.
Als Herr Riem die Steuererklärung und den Jahresabschluss der Freundin des Seniors, auch selbstständig tätig, zur Nachkontrolle auf den Tisch bekommt, reicht es ihm. Die Mitarbeiterin des Büros hat durch die Bearbeitung der Akte Lohnkosten erzeugt, doch da das die Freundin des Seniors ist, soll dafür nichts abgerechnet werden. Auch das geht zu Lasten des Gewinns.

Am nächsten Morgen liegt ein Strafzettel im Briefkasten der Kanzlei. Der Senior ist mal wieder zu schnell gefahren. Natürlich geht die Summe, wie schon bei den letzten Malen, auf Kosten des Gewinns beider.

Mittlerweile bekommt Herr Riem kaum noch ein Wort heraus, wenn der Senior die Kanzlei betritt. Junior Riem leidet immer mehr unter Kopfschmerzen und Unwohlsein. Doch aus Liebe zu seinem Wunsch das Unternehmen zu übernehmen, will Herr Riem durchhalten.

Scheiden tut weh

Herr Maier versteht die Welt nicht mehr. Sein Junior entpuppt sich als „Mister Anstrengend“. Der Wunsch durch Herrn Riem eine Entlastung zu finden scheitert zunehmend. Auch hat sich der Status Chef mit Anwesenheit von Herrn Riem schlagartig verändert. Ständig wird er zur Rechenschaft seiner Handlungen aufgefordert und muss sich das „Nörgeln“ des Juniors anhören. Außerdem verhält sich Herr Riem wie ein Stockfisch und probiert Neuerungen, wie Mitarbeitergespräche und einen runden Tisch für Konflikte unter den Mitarbeitern, einzuführen. Altbewährtes zu verändern, wenn es gut läuft, hält Herr Maier für ein unnötiges Risiko. Ebenso ignoriert der Junior seine jahrelange, oft auch harte Aufbauarbeit des Unternehmens. Er kann es nicht verstehen, weshalb er nun genauso lang im Büro sitzen soll, wie sein potentieller Nachfolger. Die verkürzte Arbeitszeit neutralisiert die Aufbauarbeit, wenigstens ein Stück weit. Seiner Freundin plötzlich eine Rechnung zu stellen sieht er nicht ein. Etwas Kulanz muss sein.

Seine größte Angst gehört den Mandanten. Ihm fällt es schwer seinen Nachfolger den Kunden vorzustellen. Die Gefahr, dass sie abspringen könnten, weil sie nicht mit Herrn Riem harmonisieren, ist ihm zu groß. Der Kaufwert für sein Unternehmen würde damit erheblich sinken. Warum nicht warten und den Junior ins Geschäft einwachsen lassen und erst bei seinem Gehen die Nachfolge bekannt geben?

Trauriges Nachspiel

Es ist schon weit nach 21.00 Uhr, Freitagabend und Junior Riem sitzt immer noch am gut gefüllten Arbeitstisch. Der Senior ist Mittwochabend in einen verlängerten Wochenendurlaub mit seiner Freundin gegangen. Als Herr Riem aufsteht, um endlich nach Hause zu gehen, wird ihm schwindlig. Schnell setzt er sich wieder hin und plötzlich beginnen sich undefinierbare Geräusche in seinem Ohr auszubreiten. Sie werden immer lauter und aufdringlicher. Die Bemühung zu seinem Auto zu kommen misslingt ihm. Er hat für einen Moment die Orientierung völlig verloren. Herr Riem erleidet einen Hörsturz. Hilferufe machen Nachbarn aufmerksam, die dann Hilfe herbei holen.
Nach sechs Wochen Erkrankungszeit gibt es ein Wiedersehen mit Herrn Maier. Ein Streit entbrennt. Als Konsequenz machen beide Partner von der Rücktrittsklausel Gebrauch. Es sind zwei Jahre und drei Monate vergangen.

Herr Riem steht wieder vor dem Nichts und Herr Maier ist entgeistert. Es ist alles andere als einfach für diesen abgelegenen Ort einen geeigneten Nachfolger zu bekommen.

Wie Sie Ihr geschäftliches Ziel nicht aus den Augen verlieren

Leider stehen Junior und Senior für ein weitverbreitetes Phänomen. Der nicht ausgetragene Konflikt ging letztendlich auf Kosten des Geschäfts und der Gesundheit. Haben Sie erkannt was der Konflikt ist? Erkennen Sie sich wieder? Wer hat Recht?
Dem ursächlichen Anliegen, nämlich ein erfolgreiches Geschäft zu übergeben und für alle Seiten eine Win-Win-Situation zu erzeugen, sind die Antworten auf diese Fragen ziemlich egal. Die Zieleinhaltung interessiert, wie lenke ich mich in Zukunft von meinen existentiellen Zielen nicht mehr ab?
Die Trennung beider verursacht einen geschäftlichen Schaden für alle Betroffenen, neben dem Image-Verlust, den eine Trennung darstellt.

Bei der Trennung von zwei Partnern beispielsweise kommt es zu einem durchschnittlichen Verlust von 50.-60.000 Euro, reine Umzugs-, Neuorientierungs- und Ausfallkosten. Der Reputations-, Know-how und Glaubwürdigkeitsverlust ist nicht mit eingerechnet.
Junior und Senior machen Ihnen vor, was Sie anders tun sollten.

Was tun, wenn man dabei ist, sich in Querelen zu verstricken?

Als erstes werden Sie sich bewusst, jede Querele innerhalb beruflicher Zusammenarbeiten kostet Ihr Geld und gefährdet Ihre Ziele.

Zweitens, Fragen Sie sich, ob Sie bereit sind, solche Umstände in Zukunft zu tolerieren. Drittens, überlegen Sie, wie Sie das berufliche Miteinander stärken statt schwächen können. Viertens, investieren Sie in die Pflege und Unterstützung konfliktfreier Zusammenarbeit. Fünftens, fragen Sie sich, wo sind Sie verstrickt? Wo leidet Ihr geschäftliches Ziel unter einer Störung im zwischenmenschlichen Miteinander? Wo steht die sogenannte Querele vor Ihrem geschäftlichen Interesse?

Diese Bewusstwerdung muss sein, ansonsten lauert die nächste Falle schon ganz in Ihrer Nähe.Die Junior-Senior Falle können Sie sofort entkräften, wenn Sie entschieden haben den ProzessDas Wort Prozess stammt aus der Persönlichkeitsentwicklung und zeigt den aktuellen Stand der individuellen Entwicklung an.... Weiterlesen der gegenseitigen Zerstörung,-auch wenn das Verhalten im Nachhinein oft erst als Zerstörung erkannt wird-, nicht mit zu tragen, also ein sofortiges Stopp zu setzen. Der Fuß auf der Bremse fehlt. Bremsen Sie, wenn Sie merken, Ihr Ziel geht verloren. Das zeigt meine Praxiserfahrung als Coach und Berater. Erst dann sind Sie offen zu handeln, sich im Falle des Falles eine Unterstützung zu holen, wenn beispielsweise das Prozedere der gegenseitigen Zerstörung als Beteiligter nicht mehr aufzulösen ist. Denn Beteiligung macht bekanntlich blind. Je tiefer Sie drin stecken, desto weniger ist es Ihnen bewusst, worin Sie da gerade stecken.

Zum Schluss lade ich Sie ein, Ihre beruflichen Zusammenarbeiten zu pflegen, wie Ihr Auto in Ihrer Garage oder ein jedes Pferd im besten Stall.

Das Business-Coaching von Institut Sommer kann mit Konfliktlösung (Mediation im Unternehmen) Ihre Übergabe/ Abgabe der Firma begleiten (Prozessbegleitung).

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